
Mehr Rechte für Väter unehelicher Kinder |
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Schon seit einigen Jahren haben nicht miteinander verheiratete Eltern die Möglichkeit, durch gemeinsame Erklärung ein gemeinsames Sorgerecht herbeizuführen. Voraussetzung ist allerdings, daß beide, also auch die Mutter, diese Erklärung abgeben. War die Mutter dazu nicht bereit, dann hatte grundsätzlich die Mutter das allein das Sorgerecht.
Der Vater eines 1998 geborenen Sohnes hatte vor dem Bundesverfassungsgericht gegen diese Gesetzeslage geklagt. Schon während der Schwangerschaft hatten sich die Eltern getrennt. Eine Erklärung, wonach dem Kindesvater das Sorgerecht gegeben werden soll, wollte die Mutter nicht abgeben. Das Verhältnis zwischen Kindesvater und Kindesmutter ist von Auseinandersetzungen und Mißtrauen geprägt. Mit seinem Antrag, ihm trotzdem das Sorgerecht zuzuerkennen, ist er vor dem Amtsgericht und dem Oberlandesgericht gescheitert, weil die gesetzliche Regelung in solchen Fällen kein gemeinsames Sorgerecht gegen den Willen der Mutter vorsieht. Das Bundesverfassungsgericht hat diese Rechtslage jetzt für verfassungswidrig erklärt.
In seiner Entscheidung vom 21.07.2010, Az. 1 BvR 420/09 hat das BVerfG, entschieden, daß es das Elternrecht des Vaters eines nichtehelichen Kindes aus Art. 6 Abs. 2 GG verletzt, daß er ohne Zustimmung der Mutter generell von der Sorgetragung für sein Kind ausgeschlossen ist und nicht gerichtlich überprüfen lassen kann, ob es aus Gründen des Kindeswohls angezeigt ist, ihm zusammen mit der Mutter die Sorge für sein Kind einzuräumen oder ihm anstelle der Mutter die Alleinsorge für das Kind zu übertragen.
Das Bundesverfassungsgericht hat weiter angeordnet, daß bis zum Inkrafttreten einer gesetzlichen Neuregelung § 1626a des Bürgerlichen Gesetzbuches mit der Maßgabe anzuwenden ist, daß das Familiengericht den Eltern auf Antrag eines Elternteils die elterliche Sorge oder einen Teil der elterlichen Sorge gemeinsam überträgt, soweit zu erwarten ist, daß dies dem Kindeswohl entspricht.
Das Bundesverfassungsgericht hat ausgeführt, daß es verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden sei, daß der Gesetzgeber das elterliche Sorgerecht für ein nichteheliches Kind zunächst allein seiner Mutter übertragen hat (vgl. BVerfGE 107, 150, 169). Ebenfalls stehe es mit der Verfassung in Einklang, daß dem Vater eines nichtehelichen Kindes nicht zugleich mit der wirksamen Anerkennung seiner Vaterschaft gemeinsam mit der Mutter das Sorgerecht eingeräumt ist. Der Gesetzgeber greife jedoch dadurch unverhältnismäßig in das Elternrecht des Vaters eines nichtehelichen Kindes ein, daß er den Vater generell von der Sorgetragung für sein Kind ausschließt, wenn die Mutter des Kindes ihre Zustimmung zur gemeinsamen Sorge mit dem Vater oder zu dessen Alleinsorge für das Kind verweigert, ohne daß ihm die Möglichkeit eingeräumt ist, gerichtlich überprüfen zu lassen, ob er aus Gründen des Kindeswohls an der elterlichen Sorge zu beteiligen oder ihm, auch in Abwägung seines Elternrechts mit dem der Mutter, die alleinige Sorge für das Kind zu übertragen ist.
Es sei nicht nur eine notwendige gesetzgeberische Ausgestaltung des Elternrechts, sondern stelle einen Eingriff in das von Art. 6 Abs. 2 GG geschützte Elternrecht des Vaters eines nichtehelichen Kindes dar, daß der Gesetzgeber in § 1626a Abs. 1 Nr. 1 und § 1672 Abs. 1 BGB die Möglichkeit der Realisierung des väterlichen Sorgerechts vom Willen der Mutter abhängig mache und dem Vater bei Zustimmungsverweigerung durch die Mutter den Zugang zur elterlichen Sorge verschließe, indem er für diesen Fall keine gerichtliche Einzelfallprüfung vorsehe. Die elterliche Sorge sei essentieller Bestandteil des von Art. 6 Abs. 2 GG geschützten Rechts der Eltern auf Pflege und Erziehung des eigenen Kindes (vgl. BVerfGE 56, 363, 382). Wird sie einem Elternteil generell vorenthalten, liege darin ein Eingriff.
Allerdings wird es auch weiterhin nicht einfach sein, gegen den Willen der Mutter ein gemeinsames Sorgerecht durchzusetzen. Denn das kommt nur in Frage, wenn es dem Kindeswohl dient. Gibt es unüberbrückbare Streitigkeiten zwischen den Eltern oder eine fehlende Bereitschaft und Fähigkeit der Eltern, miteinander zu sprechen, so spricht gerade dies dagegen, daß das gemeinsame Sorgerecht dem Kindeswohl entspricht. Das soll unter Umständen sogar dann gelten, wenn die völlige Zerrüttung der sozialen Beziehungen zwischen den Eltern hauptsächlich im Verantwortungsbereich der betreuenden Mutter liegt (BGH FamRZ 2008, 592).
Deshalb hat das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung ausdrücklich darauf hingewiesen, daß die Ausübung der gemeinsamen Verantwortung für ein Kind ein Mindestmaß an Übereinstimmung zwischen den Eltern erfordert. Fehlt es daran und sind die Eltern zur Kooperation weder bereit noch in der Lage, kann die gemeinsame Sorge für das Kind dem Kindeswohl zuwiderlaufen. Tragen die Eltern ihren Konflikt auf dem Rücken des Kindes aus, kann das Kind in seiner Beziehungsfähigkeit beeinträchtigt und in seiner Entwicklung gefährdet werden (vgl. BVerfGE 107, 150, 173).
Es stellt sich deshalb die Frage, ob das Urteil tatsächlich die Rechte der Väter unehelicher Kinder wirklich verbessert hat. Davon ist nach meiner Ansicht aber schon deshalb auszugehen, weil eben auch in dem zugrunde liegenden Sachverhalt die Eltern zerstritten waren. Das allein kann also nicht reichen, dem Vater das gemeinsame Sorgerecht zu verweigern.
In der Praxis ist es oft so, daß die Mutter versucht, den Umgang mit dem Vater zu unterbinden. Ein uneheliches Kind hat aber ebenso ein Recht auf Umgang mit seinem Vater, wie ein eheliches Kind. Das gleiche gilt umgekehrt für den Vater.
Daher statuiert auch § 1684 ein Recht des Kindes auf Umgang mit beiden Eltern. Jeder Elternteil ist zum Umgang mit dem Kind verpflichtet und berechtigt. Dabei haben beide Eltern alles zu unterlassen, was das Verhältnis des Kindes zum anderen Elternteil beeinträchtigt. Es soll dem Elternteil, der das Kind nicht betreut, die Möglichkeit verschaffen, sich über das körperliche und geistige Befinden des Kindes zu informieren, einer Entfremdung vorzubeugen und verwandschaftliche Beziehungen zum Kind aufrechtzuerhalten. Die aus § 1684 Abs. 2 BGB folgende Loyalitätspflicht verlangt von beiden Elternteilen, also auch von der Antragsgegnerin, alles zu unterlassen, was das Verhältnis des Kindes zu dem anderen Elternteil beeinträchtigen und die Erziehung sowie den Umgang erschweren könnte. Es ist daher vom betreuenden Elternteil zu verlangen, daß er aktiv in erzieherisch geeigneter Weise auf das Kind einwirkt, wenn dieses den Umgang mit dem anderen Elternteil ablehnend gegenübersteht (OLG Hamm, FamRZ 1996, 363).
Die Vereitelung dieses Umgangsrechtes ist ein Grund für Maßnahmen nach § 1666, nämlich unter anderen auch die Entziehung der elterlichen Sorge (Bundestagsdrucksache 13/4899, 93). Ein Elternteil, das versucht, mit massiver, bestimmender und überdies sachfremder Beeinträchtigung die Bindung des Kindes zum anderen Elternteil zu zerstören, ist nämlich grundsätzlich nicht erziehungsgeeignet (OLG München, FamRZ 1997, 45).
Hier könnte das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes vielleicht eine Möglichkeit sein, gerade da anzusetzen, wo die Mutter ihr alleiniges Sorgerecht in dieser Weise mißbraucht. Es bleibt abzuwarten, wie die ordentlichen Gerichte dies entscheiden werden. |